Abfindung – Direktversicherung – Sozialversicherungspflicht
Bei Auszahlung einer Abfindung kann es sich lohnen, einen Teil davon in eine Direktversicherung umzuwandeln, weil in der Einzahlungsphase damit Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gespart werden können. Zuvor sollte jedoch jeder genau die Bedingungen dafür kennen und kühl kalkulieren.
Sozialversicherungspflicht für Direktversicherung
„Weber hatte vor 13 Jahren 14.995 Euro aus seiner Abfindung in eine Lebensversicherung gesteckt, bei der der Arbeitgeber nur kurz Versicherungsnehmer war. Dadurch galt für die Abfindung der pauschale Steuersatz von 20 Prozent, Sozialabgaben fielen nicht an. Zwei Wochen später ließ er sich zum Versicherungsbeginn selbst als Versicherungsnehmer eintragen. Den kleinen Steuervorteil, den er sich so sicherte, musste er später teuer bezahlen.“*
Hintergrund: Als sozialversicherungspflichtige Versorgungsbezüge gelten gem. Sozialgesetzbuch (SGB) V § 229 „Renten der betrieblichen Altersversorgung“. Das ist beispielsweise bei einer Lebensversicherung der Fall, die über den Arbeitgeber als sogenannte Direktversicherung gezahlt wurde.
Zum Zeitpunkt der Auszahlung als sogenannte Einmalzahlung wird diese durch 120 Monate = zehn Jahre geteilt und der so ermittelte fiktive Monatsbetrag mit dem allgemeinen Beitragssatz der Krankenkasse („Arbeitgeberanteil“ und „Arbeitnehmeranteil“) belegt. Das sind rund 15 % der fiktiven Monatszahlung.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 28.09.2010 (Az.: 1 BvR 1660/08) entschieden, dass pflichtversicherte Rentner auf Leistungen, die auf arbeitnehmerfinanzierten Lebensversicherungsbeiträgen beruhen, keine Krankenversicherungsbeiträge zahlen müssen, wenn sie selbst als Versicherungsnehmer in der Police stehen. (Hier können nachlesen, wie es zu diesem Urteil kam.)
Bei freiwillig Versicherten zählt jedoch alles zum beitragspflichtigen Einkommen, was zum Lebensunterhalt verbraucht werden kann. Dazu gehören eben auch Leistungen aus privaten Kapitallebensversicherungen, selbst wenn dafür dann zweimal, oder gar dreimal Krankenversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen.
„Mancher, der aus dem Gehalt in eine Direktversicherung einzahlt, wird dreifach geschröpft: Als Arbeitnehmer zahlt er den Maximalbeitrag in die Krankenversicherung, wenn sein Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Ein zweites Mal werden bei der Auszahlung der Versicherung auf den Auszahlungsbetrag Krankenkassen- und Pflegebeitrag fällig.
Ein drittes Mal bedient sich die Kasse, wenn der Rentner später als Freiberufler oder Selbstständiger tätig ist – sie verlangt dann auch auf den Ertragsanteil der Police einen Beitrag.“*
Der Sozialverband VdK Deutschland streitet für eine gleichartige Lösung bei Pensionskassen wie sie für die Direktversicherung gilt und verweist auf seiner Webseite darauf:
„Noch nicht entschieden ist der vergleichbare Fall bei Pensionskassen. Hier hat der VdK ebenfalls Musterstreitverfahren geführt und am 5. Januar 2015 Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erhoben (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15)“
Darüber hinaus muss auf alle Leistungen der betrieblichen Altersversorgung der volle Beitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden. Dies ist inzwischen sozialrechtlich und verfassungsrechtlich abschließend geklärt.
Allerdings gibt es seit 2020 einen GKV-Betriebsrentenfreibetrag für die Krankenversicherung (nicht Pflegeversicherung) gem. § 226 SGB V. Im Jahr 2023 beträgt dieser 169,75 Euro und soll 2024 voraussichtlich 176,75 Euro betragen.
Wird die Betriebsrente in Form von Kapitalleistungen gezahlt, so werden 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag für maximal zehn Jahre berechnet (§ 229 SGB V).
Für freiwillig gesetzlich Versicherte gilt der Freibetrag nicht!
Letzte Chance für privat Krankenversicherte ab dem 40. Lebensjahr
Privat Krankenversicherte ab dem 40. Lebensjahr sollten darüber hinaus auch beachten:
Wer in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens zu 90 Prozent gesetzlich versichert war, und dann gesetzliche Rente bezieht, darf in die „Krankenversicherung der Rentner“. Das hat zur Folge, dass auf private Einkünfte wie Mieteinnahmen, Privatrenten oder Zinsen keine Krankenkassenbeiträge zu zahlen sind. Mehr hierzu auf finanztip.de oder auch bei der Verbraucherzentrale.
Privat Versicherte sollten sich deshalb besser bis zum 40. Lebensjahr entscheiden, ob sie langfristig gesetzlich oder privat versichert sein wollen.
Pflichtversicherte Rentner, die als Versicherungsnehmer einen Teil der Beiträge für ihre Direktversicherung selbst bezahlt haben und seit 2004 auch auf diesen Teil der Leistungen Krankenversicherungsbeiträge zahlen mussten, können aufgrund des oben genannten BVG-Urteils eine Beitragsrückzahlung verlangen. Das gilt auch, wenn die Beitragsbescheide der Krankenversicherung inzwischen bestandskräftig geworden sein sollten. Darüber hinaus können sie 4 % Zinsen geltend zu machen für die zuviel abgezogenen Beiträge geltend machen (§ 27 SGB IV). Darauf verweist die Verbraucherzentrale Hamburg.
Siehe auch aktuell: Frontal 21 vom 4. Juni 2019
Hier noch ein Ansprechpartner für jene, die sich mit dieser gesetzlichen Regelung (noch) nicht abfinden wollen.
Siehe auch:
Siehe auch: Betriebsrentenstärkungsgesetz
Fazit: Privat fürs Alter zu sparen erscheint oft flexibler und rentabler: