Abfindung – Sozialversicherung – Beitrag
In der Sozialversicherung können Abfindungen beitragspflichtig oder beitragsfrei sein. Entscheidend für die Sozialversicherung ist, inwiefern ein Rechtsanspruch auf die Abfindung besteht.
Welche Abgaben zur Sozialversicherung fallen an, wenn
- Abfindungen wegen Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten,
- Abfindungen zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche,
- Abfindung für vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses,
- Abfindung nach Umwandlung einer Kündigung,
- Abfindungen bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses,
- Abfindungen an freiwillig Krankenversicherte
gezahlt werden?
Antworten auf diese Fragen erhalten Sie in diesem Beitrag.
Sozialversicherung bei Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten
Im sozialversicherungsrechtlichen Sinn ist eine Abfindung eine einmalige Geld- oder Sachleistung, mit der Rechtsansprüche abgelöst werden. Echte Abfindungen, also Abfindungen als Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes, sind sozialversicherungsfrei, weil es sich dabei nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) IV handelt.
Dies gilt unabhängig davon, ob die Abfindung steuerpflichtig ist oder nicht.
Abfindungen zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche
Sozialversicherungspflichtig sind allerdings Abfindungen, die als Arbeitsentgelt Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) IV gezahlt werden – auch wenn sie erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fließen. So wird beispielsweise durch die Umwandlung einer fristlosen Kündigung in eine fristgemäße Arbeitsentgelt für die Kündigungsfrist fällig. Auch wenn dies Teil der („unechten“) Abfindung ist, gilt es sozialversicherungsrechtlich als Entgelt für vertragliche Ansprüche.
Sozialversicherungsbeiträge sind in dem Fall Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Pflicht zu Abgaben für die Sozialversicherung ergibt sich daraus, dass mit dieser unechten Abfindung unwiderlegbar vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten werden.
Wie Sie die Formulierung dafür in Abfindungsvereinbarung aushandeln, spielt keine Rolle. Entscheidend bleibt, dass es sich tatsächlich um die Abgeltung vertraglicher Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis handelt (siehe: BSG-Urteil vom 21.02.1990 – 12 RK 65/87).
Wie lange das Arbeitsverhältnis besteht, oder allgemeiner: wie lange eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt wird und deshalb vom Arbeitsentgelt Abgaben für die Sozialversicherung abgezogen werden, richtet sich nach § 7 SGB IV.
Sollte die Abfindungszahlung sowohl eine Entschädigung für den Wegfall zukünftiger Verdienstmöglichkeiten enthalten als auch eine Abgeltung vertraglicher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so ist nur der Teil beitragspflichtig, der auf den vertraglichen Ansprüchen beruht.
Abfindung für vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Erhalten Arbeitnehmer eine Abfindung für eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses und werden damit auch vertragliche Ansprüche abgegolten, auf die sie bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch hätten, so handelt es sich dabei nicht um Arbeitsentgelt für geleistete Arbeit. Eine solche Abfindung bleibt sozialversicherungsfrei.
Ergänzend dazu aus den Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen zu den Sozialgesetzbüchern zum SGB IV, § 14 Arbeitsentgelt Abfindungen:
„Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellen kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar und unterliegen daher nicht der Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (BSG vom 21.02.1990, AZ: 12 RK 20/88). Das BSG stützt seine Entscheidung darauf, dass eine solche Abfindung, die als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten durch den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird, zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen ist. Die Beitragspflicht kann daher nicht mehr auf die frühere, inzwischen weggefallene Versicherungspflicht gegründet werden. In diesen Fällen handelt es sich um eine sogenannte echte Abfindungen.“
Abfindung nach Umwandlung einer Kündigung
Ist eine Abfindung in Höhe des Nettoentgeltes zu zahlen, weil eine fristlose Kündigung in eine fristgerechte Kündigung umgewandelt wird, so stellt diese Abfindung ein Arbeitsentgelt dar und ist deshalb beitragspflichtig.
Hierbei wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat, aber seine Arbeitsleistung nur nicht angenommen wurde und ihm deshalb Arbeitsentgelt vertraglich zusteht (siehe: BSG-Urteil vom 25.10.1990 – 12 RK 40/89).
Abfindungen bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses
Abfindungen, die gezahlt werden, obwohl das Arbeitsverhältnis fortbesteht, gelten grundsätzlich als Arbeitsentgelt und sind damit beitragspflichtig. Das trifft beispielsweise auf Abfindungen in folgenden Fällen zu, wenn:
- ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis in eine Teilzeitbeschäftigung umgewandelt wird,
- eine tarifvertragsgemäße Eingruppierung einzelvertraglich vereinbart war und Gehaltseinbußen infolge einer neuen Eingruppierung auszugleichen sind,
- die Abfindung als Entschädigungen für den Entgeltausfall zufließt, der aufgrund der Umsetzung in einen anderen Betriebsteil, auf einen schlechter bezahlten oder eingruppierten Arbeitsplatz entstanden ist oder
- Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Gewinnbeteiligungen fortfallen und mit einer Abfindung entschädigt werden.
Im Sozialversicherungsrecht wird davon ausgegangen, dass eine Abfindung in diesen Fällen eine Vergütung ersetzt, die ohne Änderung der Arbeitsbedingungen zu zahlen und als Arbeitsentgelt beitragspflichtig gewesen wäre.
Abfindungen an freiwillig Krankenversicherte
Eine Besonderheit, die richtig Geld kosten kann, ist die Beitragspflicht auf Abfindungen für freiwillig Versicherte. Denn bei diesem Personenkreis werden Abfindungen unter bestimmten Bedingungen in die Bemessungsgrundlage für den Krankenversicherungsbeitrag einbezogen.
Rechtsgrundlage dafür ist § 240 SGB V. Darin ist festgelegt, dass für die Beitragsbelastung „die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen ist. Darin eingeschlossen sind bei Verheirateten die Einkünfte des Ehepartners, der kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung ist. (Wenn das Mitglied keinen Nachweis über das Einkommen liefert, gilt „als beitragspflichtige Einnahmen“ der Höchstbeitrag.)
„Mit der Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen gemeint… Zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder gehören zwingend das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsbezüge…Den beitragspflichtigen Einnahmen grundsätzlich zuzurechnen sind ferner alle wiederkehrenden Bezüge, geldwerten Zuwendungen und sonstigen Einnahmen.“
Darauf hat sich der GKV-Spitzenverband geeinigt und einen Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung beschlossen. Dieser beginnt mit A wie Abfindung bzw. Entlassungsentschädigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich ob monatlich oder nicht monatliche gezahlt. Es gehören darüber hinaus auch andere Abfindungen dazu. Der Katalog endet auf Seite 31 (!) mit Z wie „Zuwendung für Haftopfer rechtsstaatswidriger Strafverfolgung im Beitrittsgebiet…“
Leider wissen das die wenigsten Arbeitnehmer und sind dann vielleicht sogar von hohen Nachzahlungen betroffen.
Was folgt daraus für Sozialversicherungsbeiträge auf Abfindung, wenn sie in monatlichen Teilbeträgen gezahlt werden?
„In monatlichen Teilbeträgen gezahlte Entschädigungsleistungen des Arbeitgebers für den Verlust des Arbeitsplatzes sind uneingeschränkt der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung zugrunde zu legen.“
Für einmalig gezahlte Abfindungen ist gem. § 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 5 BeitrVerfGrsSz festgelegt:
„Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, sind vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Betrag in Höhe des laufenden Arbeitsentgelts, das zuletzt vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielt wurde, zuzuordnen, längstens für die Zeit (Tage), die sich bei entsprechender Anwendung des § 158 SGB III ergibt.“
Quelle: Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, 15.11.2017
Nach § 158 SGB III ruht der Arbeitslosengeld-I-Anspruch bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung und einer nicht eingehaltenen Kündigungsfrist für einen nach Betriebszugehörigkeit und Alter gestaffelten Zeitraum.
Deshalb sollten Sie vorher prüfen, welche Möglichkeiten es für eine Pflichtversicherung gibt und diese nutzen. Der Wechsel in eine private Krankenversicherung dürfte für Ältere keine Alternative sein, weil auch dort mit zunehmendem Alter die Beiträge steigen.
Sozialversicherungsbeitrag auf Abfindung
Beitragsansprüche der Sozialversicherungsträger bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (also auch unechten Abfindungen) entstehen gem. SGB IV § 22, sobald dieses ausgezahlt worden ist (Zuflussprinzip).
Die Auszahlung eines Wertguthabens aufgrund einer Wertguthabenvereinbarung stellt keine Abfindung dar, sondern gilt als aufgeschobene Auszahlung erworbener Ansprüche. Deren sozialversicherungsrechtliche Behandlung ist differenziert geregelt (hier nachzulesen).
Fazit: Beachten Sie diese feinen Unterschiede nicht nur bei einer Kündigung, sondern besonders auch bei Aufhebungsverträgen! Abfindungen können also unter bestimmten Bedingung beitragsfrei in der Sozialversicherung sein – doch was bleibt nach Steuern von der Abfindung?
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Wiederhergestellt nach web.archiv.org und aktualisiert – 23.08.2024