Bahn verkauft DB Schenker – Arbeitsplätze bedroht
Die Deutsche Bahn will ihre Logistiktochter DB Schenker verkaufen. Gewerkschaft und Belegschaft befürchten zahlreiche Arbeitsplatzverluste.
Deutsche Bahn verkauft DB Schenker
Die Deutsche Bahn will ihre Logistiktochter DB Schenker verkaufen. Der Vorstand der Deutschen Bahn hat sich bereits für diesen Verkauf entschieden, allerdings muss der Aufsichtsrat dem Verkauf noch zustimmen, berichtet FOCUS.
Die Gewerkschaft und die Belegschaft befürchten einen personellen Kahlschlag. Es könnten bis zu 5.300 der insgesamt 15.000 Arbeitsplätze bei DB Schenker in Deutschland wegfallen, wenn der Käufer, die dänische Aktiengesellschaft DSV A/S Schenker in seinen bestehenden Konzern integriert.
In mehreren deutschen Städten haben Beschäftigte von DB Schenker bereits bei Mahnwachen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Die Mitarbeiter fordern den Erhalt der Betriebsstandorte, vieler Arbeitsplätze und der bestehenden Sozialstandards wie die Tarifbindung.
Verdi hat sich gegen einen Verkauf an DSV ausgesprochen und bevorzugt stattdessen den Finanzinvestor CVC als Käufer. Die Gewerkschaft verweist auf den Fall des Schweizer Speditionskonzerns Panalpina, der nach der Übernahme durch DSV etwa ein Drittel seiner Fach- und Führungskräfte verlor. Zudem wurde das Management ausgetauscht.
Allerdings gibt es auch Beispiele für einen Betriebsübergang, bei dem kaum Arbeitsplätze vernichtet wurden. Weil Schenker ein hochprofitables Unternehmen sei, seien betriebsbedingte Kündigungen so gut wie ausgeschlossen, heißt es im FOCUS. Wenn DSV Personal abbauen wolle, ginge das nur über freiwillige Austritte mit wahrscheinlich gut dotierten Abfindungen oder Frührenten-Vereinbarungen.
Betriebsübergang – Rechte der Beschäftigten
Gemäß BGB § 613a (1) handelt es sich bei dem Verkauf um einen „Betriebsübergang„. In dem Fall tritt der Käufer
„in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden.“
Das bedeutet im Einzelnen:
- Das bestehende Arbeitsverhältnis wird automatisch und unverändert mit dem neuen Inhaber fortgeführt. Alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag bleiben erhalten und für mindestens ein Jahr nach dem Übergang geschützt, einschließlich Lohn, Urlaub, Sondervereinbarungen usw.
- Der allgemeine Kündigungsschutz bleibt bestehen. Eine Kündigung allein wegen des Betriebsübergangs ist sowohl vom alten als auch vom neuen Inhaber rechtsunwirksam.
- Mitarbeiter haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber zu widersprechen. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Information über den Betriebsübergang schriftlich erklärt werden. Infolge eines Widerspruchs geht das Arbeitsverhältnis nicht automatisch auf den neuen Inhaber über. Der „Arbeitnehmer“ riskiert dann eine betriebsbedingte Kündigung.
Allerdings gelten vor allem die unter 1. genannten Rechte und Pflichten nicht, wenn bei dem neuen Inhaber Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder eine andere Betriebsvereinbarung gelten.
Alternativen für die Beschäftigten
Wenn der Verkauf von DB Schenker an DSV rechtswirksam wird, gibt es für die Mitarbeiter einige mögliche Alternativen.
Weiterbeschäftigung im Unternehmen
Ein Teil der Mitarbeiter wird voraussichtlich von DSV übernommen, insbesondere in Kernbereichen und operativen Funktionen.
Umschulung/Versetzung
DSV könnte Mitarbeitern die Möglichkeit bieten, sich für andere Positionen innerhalb des fusionierten Unternehmens umschulen zu lassen oder an andere Standorte zu wechseln.
Wechsel zu Wettbewerbern
An der Qualifikation und Erfahrung der Schenker-Mitarbeiter könnten andere Logistikunternehmen interessiert sein und eine Übernahme von Fachkräften anbieten.
Selbstständigkeit
Einige Mitarbeiter wollen vielleicht auch die Gelegenheit nutzen, sich als Berater oder mit eigenen Logistik-Dienstleistungen selbstständig zu machen.
Branchenwechsel
Eine Option wäre auch der Wechsel in verwandte Branchen, die von der Logistik-Expertise profitieren könnten, wie E-Commerce oder Supply-Chain-Management.
Unterstützungsmaßnahmen für Mitarbeiter
Es ist wahrscheinlich, dass im Falle von Entlassungen ein Sozialplan ausgehandelt wird, der Abfindungen, soziale Fürsorgeleistungen bei der beruflichen Neuorientierung oder dem Übergang in Vorruhestand und Ruhestand vorsieht.
Die Gewerkschaften werden voraussichtlich ebenfalls Verhandlungen führen, um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und gute Konditionen für ausscheidende Mitarbeiter zu erreichen.
Ob „der Staat“, in dessen Besitz sich die Deutsche Bahn befindet, und der Aufsichtsrat gegen den Verkauf sperren? Zwar sind mehrere Bundestagsabgeordnete und Staatssekretäre Mitglieder des Aufsichtsrats, aber … die Bahn ist hoch verschuldet und der Staat ebenfalls.
Die Situation bleibt für viele Mitarbeiter unsicher und keinesfalls zum Lachen, wie im „absoluten Bahnsinn“.
Die genauen Auswirkungen werden erst nach Abschluss des Verkaufs und den anschließenden Umstrukturierungen klar sein.