Wertguthaben mit Abfindung aufstocken?
Ein Wertguthaben (Zeitwertkonto) mit einer echten Abfindung aufstocken, klingt für manchen wie eine gute Idee. Doch Vorsicht: Falle!
Kein höheres Wertguthaben durch Abfindung
Wer eine echte Abfindung erhält, möchte diese vielleicht teilweise oder vollständig nutzen, um das eigene Wertguthaben aufzustocken. Das kann mehrfach vorteilhaft sein, und dafür können Sie mehrere möglichkeiten nutzen.
Bisher haben Sie dafür beispielsweise genutzt:
- Teile des laufenden Arbeitsentgelts,
- Mehrarbeitsvergütungen,
- Einmalzahlungen (beispielsweise Weihnachtsgeld),
- freiwillige zusätzliche Leistungen des „Arbeitgebers“,
- Überstunden,
- oder nicht genutzte Urlaubstage.
Das Wertguthaben können Sie später einsetzen, um eine längerfristige Freistellung von der Arbeit zu finanzieren. Zudem genießen Sie einen zusätzlichen Vorteil, weil in der Ansparphase des Wertguthabens zunächst keine Steuern und Sozialversicherungsabgaben fällig werden. Erst bei der Auszahlung des Wertguthabens werden Steuern und Sozialabgaben fällig. Darüber hinaus besteht während der Freistellungsphase weiterhin ein Sozialversicherungsschutz.
Einzahlungen in Zeitwertkonto sind Arbeitsentgelt
Sozialversicherungsrechtlich gelten die Einzahlungen in Wertguthaben als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 (1) Sozialgesetzbuch IV (SGB IV).
Allerdings unterliegt während der Arbeitsphase nur das fällige, tatsächlich ausgezahlte Arbeitsentgelt der Sozialversicherungspflicht gem. § 23b (1) SGB IV i. V. m. § 23 Abs. 1 SGB IV. In der Freistellungsphase fallen dann die Beiträge für das vereinbarungsgemäß als Arbeitsentgelt ausgezahlte Wertguthaben an.
Das gilt auch, wenn unter bestimmten Bedingungen das Wertguthaben nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses an die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen wird.
Steuern auf den Teil des Arbeitsentgelts, das in Wertguthaben umgewandelt wird, werden gem. Einkommensteuergesetz (EStG) § 11 (1) erst fällig, wenn das Wertguthaben an die Anspruchsberechtigten ausgezahlt wird, ihnen tatsächlich zufließt.
Abfindung umwandeln in Wertguthaben
Vorsicht geboten ist, wenn nun eine Abfindung teilweise oder vollständig in ein Wertguthaben eingezahlt wird. Echte Abfindungen sind steuer- und sozialversicherungsfrei – gilt das auch bei Einzahlungen in Zeitwertkonten?
Abfindungen sind gem. EStG § 24 (1) Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen. Sozialversicherungsrechtlich gehören alle aus einer Beschäftigung angesparten Arbeitsentgelte nach § 14 SGB IV zum Entgeltguthaben.
Das Bundessozialgericht entschied bereits 1990, dass Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung darstellen. (BSG-Urteil vom 21.02.1990, AZ.:12 RK 20/88). Das Bundessozialgericht begründete seine Entscheidung damit, dass eine Abfindung als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen ist.
In diesem Sinne entschied auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, dass eine echte Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes nicht der Lohnsteuer unterliegt und nicht zur Aufstockung eines Wertguthabenkontos (Zeitwertkonto) genutzt werden kann, da kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt vorliegt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.06.2021,Az. 4 K 4206/18).
Dem Urteil lag ein Streitfall zugrunde, in dem die Unternehmensleitung mit dem Betriebsrat aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen einen Interessenausgleich vereinbart hatte. Darin wurde ausscheidenden Arbeitnehmern eine „Freiwilligen-Abfindung“ als Entschädigung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugesagt. Die Betroffenen hatten die Möglichkeit, die Abfindung in das für sie geführte Langzeitkonto einzubringen. Das dadurch aufgestockte Wertguthaben sollte nach Beschäftigungsende gem. § 7f SGB IV auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen werden. Auf die Einzahlungen in das Wertguthaben führte das Unternehmen keine Lohnsteuer und keine Beiträge zur Gesamtsozialversicherung ab.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, die beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 25/21 anhängig ist.
Fazit
Wenn Abfindungen teilweise oder vollständig zur Aufstockung von Wertguthaben genutzt werden, so sind die Einzahlungen in die Zeitwertkonten nicht steuer- und sozialversicherungsfrei. Vielmehr werden sie wie laufender Arbeitslohn behandelt.
Weiterführende Informationen:
Wertguthaben – Häufig gestellte Fragen | FAQ, Bundesministerium für Arbeit und Soziales