Betriebliche Altersvorsorge mit Fünftelregelung versteuern
Betriebliche Altersvorsorge-Leistungen können als einmalige Kapitalauszahlung dem Empfänger zufließen. Wird diese Zahlung nach der Fünftelregelung versteuert?
Betriebliche Altersvorsorge bei Auszahlung versteuern
Wer einen Vertrag über eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen hat, steht bei der Auszahlung oft vor der Wahl:
- laufende Rentenzahlung oder
- Einmalauszahlung.
Sollte die Entscheidung zur einmaligen Kapitalauszahlung tendieren, ergibt sich sogleich die nächste Frage:
Wie wird diese versteuert? Kann beispielsweise die Fünftelregelung auch für die betriebliche Altersvorsorge genutzt und damit eine ermäßigte Besteuerung erreicht werden?
Je nach Durchführungsweg werden Einmalzahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge entweder nach der „Fünftelregelung“ ermäßigt oder wie Rentenzahlungen versteuert.
Direktzusage und Unterstützungskasse
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) sind einmalige Kapitalauszahlungen von
- Versorgungsleistungen des Arbeitgebers aufgrund einer Direktzusage und
- Versorgungsleistungen aus einer Unterstützungskasse
ermäßigt zu versteuern.
Auch die Finanzverwaltungen gehen davon aus, dass es sich in beiden Fällen der betrieblichen Altersvorsorge um Vergütungen für nichtselbstständige Arbeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt. Diese werden für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gezahlt (siehe BMF-Schreiben, 12.08.2021, Rz 147).
Demzufolge wäre in beiden Fällen die Kapitalauszahlung als Einmalbetrag bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach der Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern (BFH-Urteil vom 12.04.2007, VI R 6/02).
Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds
Leistungen aus
- einer Direktversicherung,
- einer Pensionskasse und
- einem Pensionsfonds,
die ebenfalls Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge sind, werden demgegenüber steuerlich ähnlich wie Leibrenten als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG behandelt, wenn sie beispielsweise durch Entgeltumwandlung („Deferred Compensation“) nach § 3 Nr. 63 EStG steuerlich begünstigt angespart wurden.
Im Fall von Teil- bzw. Einmalkapitalauszahlungen handelt es sich dann nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF vom 06.12.2017, Rz 149) nicht um außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG. Folglich läge weder eine Entschädigung noch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor.
Kapitalauszahlung vs. Fünftelregelung
Im Mai 2015 hatte das FG Rheinland-Pfalz ein Urteil gefällt (Urteil vom 19.05.2015, 5 K 1792/12), wonach auch Kapitalauszahlungen der betrieblichen Altersvorsorge, die § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zuzuordnen sind, nach § 34 Abs. 1 EStG mit der Fünftelregelung tarifbegünstigt sind. Auch hierbei handele es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
In seinem Urteil bezog sich das Finanzgericht darauf, dass der BFH bereits für Kapitalleistungen berufsständiger Versorgungswerke entschieden hat, dass deren steuerpflichtiger Teil voll gemäß § 22 EStG zu versteuern ist (Urteile vom 23.10.2013, X R 33/10 und X R 3/12). Dem trägt auch die Finanzverwaltung Rechnung (BMF vom 10.01.2014, BStBl. 2014 I S. 70 Rz. 204). Kommt es zu einer Zusammenballung der Einkünfte, so ist die Auszahlung nach der Fünftelregelung ermäßigt zu versteuern. Für eine unterschiedliche Behandlung der nach § 22 EStG zu versteuernden Kapitalleistungen aus der Basisvorsorge und der betrieblichen Altersvorsorge gäbe es keine sachliche Rechtfertigung.
Das FG Rheinland-Pfalz hatte jedoch die Revision zugelassen.
Fünftelregelung nur bei „Zusammenballung“
In der Revision vom 20.09.2016 hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben. In dem konkreten Fall ging es um die Kapitalauszahlung einer Pensionskasse, die in vollem Umfang nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu besteuern ist, weil das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Dadurch führte die Auszahlung nicht zu „außerordentlichen Einkünften“.
Denn als „außerordentliche Einkünfte“ sind nach dem BFH-Urteil nur solche Einkünfte anzusehen, die atypisch sind. Mit anderen Worten: die Zusammenballung von Einkünften darf nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkunftserzielung entsprechen. In dem Urteilsfall war die Zahlung der Kapitalabfindung aber nicht atypisch, sondern vertragsgemäß. Die Einkünfte aus der Pensionskasse unterliegen in einem solchen Fall dem regulären Einkommensteuertarif.
Achtung: Zudem bezweifelt der X. Senat, dass Verträge, die von Anfang an ein Kapitalwahlrecht vorsehen, überhaupt nach § 3 Nr. 63 EStG in seiner ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung durch Steuerbefreiung der entsprechenden Einzahlungen gefördert werden können.
Auch unter Berücksichtigung dieses Urteils und ebenso des Betriebsrentenstärkungsgesetzes hat das BMF am 06.12.2017 die Vorschriften zur steuerlichen Behandlung von Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge aktualisiert. Im Gegensatz zum BFH-Urteil wird in dem BMF-Schreiben festgelegt:
„Allein die Möglichkeit, anstelle dieser Auszahlungsformen eine Einmalkapitalauszahlung (100 % des zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapitals) zu wählen, steht der Steuerfreiheit noch nicht entgegen; hieran wird ungeachtet des BFH-Urteils vom 20. September 2016 – X R 23/15 – (BStBl 2017 II S. 347) festgehalten.“
Nachgelagerte Besteuerung gem. EStG § 22 Nr. 5
Mit BMF-Schreiben vom 05. 10. 2023 wurde die nachgelagerte Besteuerung der Altersversorgung teilweise neu geregelt. Gem. Rz 128 ist die Besteuerung gem. EStG § 22 Nr. 5 auch auf laufende Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen anzuwenden:
„Korrespondierend mit der Freistellung der Beiträge, Zahlungen, Erträge und
Wertsteigerungen von steuerlichen Belastungen in der Ansparphase werden die Leistungen erst in der Auszahlungsphase besteuert (nachgelagerte Besteuerung“.
Das bedeutet, dass Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Altersvorsorgebeiträgen gem. § 22 Nr. 5 Satz 1 beruhen, voll steuerpflichtig sind.
Handelt es sich bei der Auszahlung um eine lebenslange Rente oder eine Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente, die auf nicht geförderten Beiträgen beruht, erfolgt die Besteuerung in der Regel mit dem Ertragsanteil gem. EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb.
Werden Leistungen aus einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse (inkl. Versorgungsausgleichskasse) oder aus einer Direktversicherung, die auf nicht gefördertem Kapital beruhen ausgezahlt und die Voraussetzungen einer Basisrente erfüllt, so erfolgt die Besteuerung nach EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG mit
dem Besteuerungsanteil besteuert.
Fazit:
Im Detail gibt es jedoch eine Reihe von Besonderheiten. Abhängig davon, wann die Beiträge in welche betriebliche Altersvorsorge flossen, inwieweit die Beitragszahlungen steuerlich gefördert wurden und welche Übergangsregelungen eventuell greifen, sollten sich Interessenten zumindest anhand des BMF-Schreiben, 12.08.2021 oder bei ihrem Arbeitgeber und ihrer Versicherung genauer informieren.
Quelle: BFH-Urteil vom 20.9.2016, X R 23/15
Weiterführende Informationen zur Besteuerung von Alterseinkünften
BMF-Schreiben, 05. 10. 2023, Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge
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